Schulstation TAKA-TUKA-LAND
Eine Schulstation – was ist das eigentlich?
In seinem Buch „Schulische Prävention im Bereich Verhalten“ führt Prof. Dr. Thomas Hennemann etl al. (Lehrstuhlinhaber Emotionale und soziale Entwicklung an der Universität zu Köln) u. a. seinen präventiven Mehrebenenansatz pädagogischer Prävention aus (S. 79ff). Neben der individuellen Ebene (Maßnahmen für einzelne SuS), der Klassenebene (z. B. effektives Claasroommanegement) setzt das Wirken der Schulstation vor allem auf der Schulebene, bzw. Systemebene an (zudem können hier auch Trainingsprogramme wie LUBO aus dem ALL schulintern verankert und systemmatisch eingesetzt sein): Als schulweites Angebot wirkt die Schulstation sich positiv auf die Haltung von uns Lehrkräften aus, kann die Schulatmosphäre bereichern und somit Raum für Veränderung ermöglichen. Der präventive Gedanke soll durch das TAKA-TUKA-Land fokussiert werden und Einzug in unsere alltägliche Arbeit finden.
Schulstationen wurden laut Christiane Nevermann im Zuge eines Modellprojektes zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit auffälligem Verhalten entwickelt. Nevermann selbst begleitete die Realisierung von Schulstationen als Kooperation von Kinder- und Jugendhilfe und Förderschulen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung, um Verhaltensschwierigkeiten von SuS präventiv entgegenwirken zu können.
Zudem verstehen sich Schulstationen auch als innerschulisches aktives Entgegenwirken auf wenig entwicklungsförderliche Bedingungen, unter welchen insbesondere die Schülerschaft einer Förderschule inner- und außerschulisch aufwächst.
Die Schulstation kann und soll zudem insbesondere in unserem spezifischen Schulkontext dazu beitragen, das Spannungsfeld zwischen einer
Sachorientierung einerseits
(sprich Lehrplan- und Standardovorgaben: „Die sonderpädagogische Förderung orientiert sich grundsätzlich an den Bildungszielen der allgemeinen (…) Schule“, KMK, 2000, S. 3) und der fachrichtungsspezifischen
Individuumorientierung andererseits
(„Sonderpädagogische Förderung soll das Recht der Kinder (…) auf eine ihren individuellen Möglichkeiten entsprechende schulische Bildung verwirklichen helfen (…). Die sonderpädagogische Förderung ist in erster Linie auf die Weiterentwicklung der Fähigkeiten zu emotionalem Erleben und sozialem Handeln gerichtet (ebd., S. 3) in Richtung der Individuumorientierung verschieben, um unsere Schulerschaft für Bildungsinhalte und -ziele aufzuschließen und individuelle positive Entwicklungen zu initiieren.
Was bedeutet dies konkret?
Ein wenig schwingt die Bedeutung „Station machen“, ein „Zur-Ruhe-Kommen“ in der Begrifflichkeit mit. Die Schulstation als Konzept versteht sich als ein Organisations- und Handlungsansatz, der auf Prävention ausgerichtet ist: Insbesondere sollen innerschulische ergänzende pädagogische Maßnahmen zur emotionalen und sozialen Stützung von SuS als Erweiterung schulischer Angebote realisiert werden.
Die Schulstation soll ein pädagogischer Ort der Nähe, ein besonders ansprechender Raum, bequem, ein Raum der Zuwendung und des gemeinsamen Tuns sein. Schulstationen sind also qua Existenz ein Antagonist des traditionellen schulischen Denkens der Bildungslastigkeit (Sachorientierung vor Beziehungs-orientierung), des Funktionieren-Müssens des schul- und gesellschaftsimmanenten Leistungsdenkens, wo „mehr“ mit „besser“ gleichgesetzt wird.
Warum können Schulen Schulstationen so gut gebrauchen?
„Kinder brauchen Menschen, die ihnen nahe sind, sich Zeit für sie nehmen, auf ihre Bedürfnisse und Sorgen eingehen und sich vor allem als verlässlich erweisen und Sicherheit geben“(…) Für SuS liegt der positive Wert einer Schulstation vor allem darin, „als Person angenommen und akzeptiert zu werden sowie im Umgang mit schulischen Anforderungen mehr Sicherheit und weiger Hilflosigkeit zu erfahren“.
Diese pädagogischen Ideen basieren für uns vor allem auf den Grundannahmen der Humanistischen Psychologie. An dieser Stelle sei kurz auf Ruth Cohn verwiesen, die postulierte, dass die besondere Wertschätzung und der besondere Respekt vor menschlichem Leben zur Folge haben müsse, dass Wachstum im Sinne von positiven Veränderungen für jedes Individuum möglich ist und wir die uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler in diesem Sinne beim Wachsen begleiten möchten (nach Cohn 1994, S. 194ff).
Im Kern bedeutet eine Schulstation also auch, jungen Menschen in schwierigsten Lebenslagen, aus teilweise schwierigsten psycho-sozialen und ökonomischen Kontexten zu ermöglichen, sich seltener als „gestört“, „behindert“, „zu doof“, „wertlos“, ausgegrenzt, anders oder defekt zu erleben, sondern ganz im Gegenteil die eigenen Resilienzen und Ressourcen erkennen und nutzen und erweitern zu können.
Insbesondere die konzeptuellen und systemischen Freiheiten, welche Förderschulen ES noch für sich nutzen können, scheinen sich also für die Einrichtung und das Betreiben einer Schulstation (samt kreativer zielführender individueller Erweiterungen) besonders zu eignen.
Unsere Schulstation heisst TAKA-TUKA-LAND
Leitspruch des TAKA-TUKA-LANDs
„So viel Grenzen und Herausforderungen wie nötig aber so viel Achtung individueller Bedürfnisse und Wertschätzung des Individuums wie möglich“ können der Arbeit unserer Schulstation vordem Hintergrund eines humanistisch geprägten Menschenbildes und der Annahme von bunter Vielfalt als Normalität als Leitsatz dienen.
Zudem erachten wir Experten für Emotionale und soziale Entwicklung als auffällig bezeichnetes Verhalten als erklärbaren Ausdruck eines kontextspezifisch sinnvollen (Re) Agierens; SuS werden durch unsere Arbeit eingeladen, neue Wege des eigenen Verhaltens, Erlebens und Denkens kennen zu lernen ohne altes Verhalten, Erleben oder Denken als geringwertiger zu deklarieren.
Das bestehende Konzept der Schulstation haben wir an unsere spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten als Förderschule ES individuell und ganz frei angepasst, um bestmögliche Effekte realisieren zu können.